Was ich noch sagen woll­te

Phil­Pu­bli­ca stellt vor

Titelbild: Inga Bones

Inga Bones

Post­doc am Philosophie-​Department des Karls­ru­her In­sti­tuts für Tech­no­lo­gie  

Was ist Ihr Lieb­lings­zi­tat?

Ich glau­be, ich habe ge­nau­so wenig ein Lieb­lings­zi­tat wie ich einen Lieb­lings­film oder ein Lieb­lings­buch habe. Es gibt (glück­li­cher­wei­se) ein­fach zu viel Gutes auf der Welt! Zu­letzt zum Schmun­zeln ge­bracht hat mich Sid­ney Mor­gen­bes­sers au­gen­zwin­kern­de Cha­rak­te­ri­sie­rung des phi­lo­so­phi­schen Ta­ges­ge­schäfts: „You make a few di­s­tinc­tions. You cla­rify a few con­cepts. It’s a li­ving.“

Gibt es phi­lo­so­phi­schen Fort­schritt?

In einem Sinn wahr­schein­lich schon: Ich zähle es als Fort­schritt, dass sich man­che phi­lo­so­phi­schen Ideen oder Theo­rien als Irr­we­ge er­wie­sen haben, dass man­che Fra­gen oder The­sen des­am­bi­gu­iert oder prä­zi­siert wur­den – und ich glau­be, dass sich in der schier un­über­schau­ba­ren Menge phi­lo­so­phi­scher Li­te­ra­tur auch die ein oder an­de­re wahre Ant­wort auf die ein oder an­de­re phi­lo­so­phi­sche Frage fin­det. In einem an­de­ren Sinn würde ich die Frage nach Fort­schritt in der Phi­lo­so­phie aber ver­nei­nen: Denn Fort­schritt im ers­ten Sinn er­reicht in der Phi­lo­so­phie nicht den Sta­tus „ver­brief­ten Fach­wis­sens“; was ein­zel­ne Phi­lo­soph:innen als in­halt­li­chen oder me­tho­di­schen Er­folg wer­ten, hal­ten an­de­re für einen ein­zi­gen gro­ßen Irr­tum. Und an­ders als in den Na­tur­wis­sen­schaf­ten sind die Irr­we­ge in der Phi­lo­so­phie mei­nes Er­ach­tens etwas, worum man als Ler­nen­de:r kei­nen Bogen ma­chen kann und soll­te – es gibt ge­wis­ser­ma­ßen keine Ab­kür­zung zur Wahr­heit.

Hilft Ex­per­ti­se in Ethik, ein bes­se­rer Mensch zu wer­den?

Ver­mut­lich genau so wenig, wie Ex­per­ti­se in Li­te­ra­tur eine Per­son zu einer guten Schrift­stel­le­rin macht oder Ex­per­ti­se in Ma­le­rei ga­ran­tiert, dass je­mand die nächs­te Mona Lisa er­schafft. Häu­fig ist es doch so: Wir er­ken­nen, dass und warum etwas gut ist, ohne je­doch selbst in der Lage zu sein, die­ses Gute zu re­pro­du­zie­ren oder etwas Ver­gleich­ba­res zu schaf­fen. Die Theo­rie hat hier nicht au­to­ma­tisch die er­folg­rei­che Pra­xis im Schlepp­tau. Der Be­reich der Ethik scheint mir in die­ser Hin­sicht keine Aus­nah­me zu sein. Oft­mals kön­nen wir ein ge­lun­ge­nes und in hohem Maße lo­bens­wer­tes Leben iden­ti­fi­zie­ren, uns die Le­bens­füh­rung be­stimm­ter Men­schen zum Vor­bild neh­men – und doch kläg­lich an den Her­aus­for­de­run­gen des All­tags schei­tern. 

Was kön­nen aka­de­mi­sche Phi­lo­soph:innen tun, um einer déformation pro­fes­si­on­nel­le ent­ge­gen­zu­wir­ken?

Mir wäre es wich­tig, dass wir uns selbst immer wie­der daran er­in­nern, mit wel­chen Fra­gen, Hoff­nun­gen und Träu­men wir ein­mal in das Stu­di­um der Phi­lo­so­phie auf­ge­bro­chen sind. Warum halte ich das für wich­tig? Ei­ner­seits, weil die Rück­be­sin­nung auf die ei­ge­ne ur­sprüng­li­che Mo­ti­va­ti­on uns viel­leicht davor be­wahrt, allzu vor­ei­lig ver­meint­li­chen aka­de­mi­schen Sach­zwän­gen nach­zu­ge­ben; an­de­rer­seits, weil ich es scha­de fände, wenn wir die viel­leicht nur auf den ers­ten Blick nai­ven Fra­gen von Stu­di­en­an­fän­ger:innen – nach dem Sinn des Le­bens, dem Uni­ver­sum und dem gan­zen Rest – nicht ernst näh­men.

Ihr Le­bens­mot­to?

Mein Le­bens­mot­to, in Verse ge­gos­sen:
My most che­ris­hed be­lief
is in comic re­li­ef.

Whe­ne­ver you feel his­trio­nic,
or sad, or in pa­ra­ly­sis,
take some time for ana­ly­sis –
and then bring out the comic.

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